Die Zweite Welle – aktualisierte Sicht
Dieser Beitrag hat eher historischen Charakter. Meine Leserbriefe haben mir viel Kritik und Widerspruch, zum Teil auch Anfeindungen eingebracht.
Aber im Rückblick kann ich nur feststellen: Ich habe in fast allen Punkten Recht behalten! Darum bin ich froh, dass ich sie geschrieben habe und ja, – auch ein bisschen Stolz darauf, standhaft geblieben zu sein.
[Dr. med. Karsten Karad, 25.10.20]
Leserbrief von Herrn Frank Wagner:
[Ruhr-Nachrichten 16.10.20]
Der Leserbrief von Herrn Frank Wagner stellt eine berechtigte Frage: Was nun? Wie genau ist die Zweite Welle einzuschätzen? Wie sinnvoll sind die Corona-Maßnahmen der Regierung? Wie geht es weiter?
Leser Frank Wagner im kürzesten Leserbrief dieses Jahres zum Thema „Corona“:
Pandemie ist noch nicht vorbei.
Was nun Herr Dr. Karad?
Anm. d. Red.: Der Leserbriefschreiber wendet sich an den Lüner Allgemeinmediziner Dr. Karsten Karad. Der hatte zuletzt in einem Leserbrief am 3. September unter anderem geschrieben: „.… Ein signifikanter Anstieg bei der sogenannten zweiten Welle ist ausgeblieben. Aktuell liegt die Zahl bei unter 250 Patienten für ganz Deutschland. Was kann das anderes bedeuten als: Die Corona-Pandemie ist vorbei.…“
Leserbrief: Meine persönliche Antwort dazu.
[Ruhr-Nachrichten 21.10.20]
Derzeit nur wenige Schwerkranke
Herr Wagner, sie haben Recht. Einen solch hohen Anstieg an Neuinfektionen hatte ich nicht erwartet. Hier habe ich mich geirrt.
Allerdings wirft das einige Fragen auf. Obwohl wir doch bereits Verordnungen hatten, wie Maskenpflicht in Bussen und Bahnen, in Geschäften und Supermärkten, Verbot von Großveranstaltungen – Sportevents, Theater, Musikveranstaltungen, Demos –, Abstandsregeln, ist es zu diesem Anstieg gekommen. Woran liegt das? Zu viele Feiern? Zu laxer Umgang mit der Maskenpflicht? In Italien wird die Maskenpflicht viel schärfer eingehalten und überwacht, seit kurzem gilt sogar Maskenpflicht im Freien mit Geldstrafen bis 1.000 Euro bei Nichteinhaltung. Dennoch ist hier die Zahl der Neuinfektionen dort sogar doppelt so hoch.
[Anmerkung: Quelle: https://covid19.who.int/region/euro/country/it
(17.10.20: Deutschland: 7.830 Neuinf. bei 83 Mio.E. = 0,009 %; Italien: 10.000 Neuinf. bei 60 Mio.E. = 0,017 %.)]
Vor einigen Wochen sagte der Virologe Christian Drosten: “Während das Virus mit der ersten Welle in die Bevölkerung eingedrungen ist, wird es sich mit der zweiten Welle aus der Bevölkerung heraus verbreiten. Denn in der Zwischenzeit hat es sich immer gleichmäßiger verteilt, über die sozialen Schichten und die Alterskohorten hinweg.”
Wenn dem so ist, was bringt dann eine Verschärfung der Maskenpflicht? Und was macht das mit unserer Gesellschaft?
Schlägt jetzt die Stunde der Denunzianten und Hilfssheriffs, die die Maskenpflicht überwachen und Anzeige erstatten, wenn ihr Name im Eiscafé nicht aufgeschrieben wird? Wollen wir das? Wollen wir weiter positiv Getestete mit ihren Familien in Corona-Quarantäne einsperren? Halten Beherbergungsverbote und Kneipen-Sperrstunden die Corona-Epidemie auf? Wollen wir jetzt immer eine Maske tragen?
Nun gibt es noch einen deutlichen Unterschied zu der Epidemie im März. Trotz der vielen Neuinfektionen ist die Zahl der Schwerkranken und Todesfälle auf sehr niedrigem Niveau.
Die wahrscheinlichste Erklärung dafür erscheint mir, dass sich der Virustyp verändert hat. Weniger bekannt war ja bisher, dass Corona-Epidemien häufiger vorkommen und grippeähnlich ablaufen. Bisher haben wir nur nicht darauf getestet.
Natürlich steigen auch die Atemwegsinfekte und auch Klinikaufenthalte in der nasskalten Jahreszeit an, – wie jedes Jahr. Mit Stand vom 16.10. sind das 20 Covid-19-Patienten in stationärer Behandlung im gesamten Kreis Unna (knapp 400.000 EW).
Aude sapere! Wage, selber zu denken!
Dr. Karsten Karad, 44534 Lünen
18.10.20
Anmerkungen zur Maskenpflicht:
Klar stellen möchte ich, dass ich keineswegs die jetzige Zweite Welle verharmlosen möchte, wenngleich ich in der Praxis eher wenig Patienten mit Atemwegsinfekten sehe. Im Gegenteil, wie auch mein Kollege Lenfers (Chefarzt der Inneren Abteilung, St. Marienhospital Lünen), den ich sehr schätze, sehe ich mit Sorge den bundesweiten Anstieg an Intensivbetten-Belegung. Natürlich ist dies auch der nasskalten Jahreszeit geschuldet, die nächsten Wochen werden zeigen, wohin der Zug fährt.
Es geht vielmehr aber um die Frage, wie wir einen weiteren gefährlichen Verlauf verhindern. Angeblich sei diese Frage ja schon eindeutig beantwortet. Insbesondere die Maskenpflicht gilt als wirksame Methode, die Epidemie einzudämmen, „das sei in vielen wissenschaftlichen Studien belegt“.
Das Gegenteil ist der Fall, wie die wissenschaftliche Übersichtsarbeit von Frau Professor Ines Kappstein zeigt, die im Thieme-Verlag in der Zeitschrift “Krankenhaushygiene up2date” erschienen ist.
Was mir aber Sorgen macht, sind die Veränderungen in der Gesellschaft. Über Wahrheiten oder Unwahrheiten wird nicht mehr geforscht oder nachgefragt. Über die Wahrheit wird nur noch in den sozialen Medien abgestimmt; wer die Meinungshoheit erringt, hat die Wahrheit!?
Quelle: Thieme-Verlag (Auszug aus)
Kappstein, Ines: Mund-Nasen-Schutz in der… Krankenhaushygiene up2date 2020; 15: 279–297
Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit: Keine Hinweise für eine Wirksamkeit
FAZIT
Aus einer Maskenpflicht für viele Millionen Bürger in Deutschland können jeden Tag zig-millionenfache Kontaminationen resultieren, die zu einem wesentlichen Teil vermeidbar wären, weil die ohnehin schon häufigen Hand-Gesichts-Kontakte der Menschen durch die Maskenpflicht noch häufiger werden, Händewaschen unterwegs aber nur ausnahmsweise möglich ist.
Dabei besteht das Risiko, dass der – schon zwangsläufig – unsachgemäße Umgang mit der Maske und die erhöhte Tendenz, sich selbst ins Gesicht zu fassen, während man die Maske trägt, tatsächlich das Risiko einer Erregerverbreitung und damit Erregerübertragung noch erhöht – ein Risiko, das man doch aber gerade durch die Maske reduzieren will.
Eine Maskenpflicht vermittelt ein falsches Sicherheitsgefühl, und ein falsches Sicherheitsgefühl ist immer ein Sicherheitsrisiko.
KERNAUSSAGEN
- Bei zahlreichen Virusinfektionen beginnt die Erregerausscheidung am Ende der Inkubationszeit, also bevor Krankheitssymptome zu bemerken sind. Dies ist z. B. auch von der Influenza bekannt, weshalb man auch bei COVID-19 schon zu Beginn der Pandemie davon hätte ausgehen können.
- Bei Auswertung der vom RKI für dessen „Neubewertung“ von Masken im öffentlichen Raum angeführten Publikationen zeigt sich, dass es keine wissenschaftliche Grundlage gibt, mit der der Gebrauch von Masken (gleich welcher Art) in der Öffentlichkeit bei nahezu der gesamten Bevölkerung von Deutschland (abzüglich der Kinder bis 6 Jahre ca. 80 Mio. Menschen) gerechtfertigt werden kann, und aktuelle Untersuchungen zeigen das Gleiche.
- Im Gegenteil kann eine Maskenpflicht für viele Millionen Menschen im öffentlichen Raum sogar zu einem Infektionsrisiko werden, weil die erforderliche Händehygiene nicht eingehalten werden kann.
- Indirekte Erregerkontakte über kontaminierte Oberflächen werden durch Masken nicht weniger, sondern kommen im Gegenteil potenziell häufiger zustande als ohne Masken.
- Bei der Übertragung respiratorischer Viren spielt ein enger (< 1m) Face-to-Face-Kontakt die entscheidende Rolle, der zudem mindestens über eine gewisse Zeit (≥ 15 min) bestehen muss, damit sich ein Übertragungsrisiko überhaupt verwirklichen kann.
- Die meisten Kontakte im öffentlichen Raum sind zum einen keine Face-to-Face-Kontakte. Zum anderen dauern sie, selbst wenn sie dennoch stattfinden, meist kürzer als 15min, sodass eine effektive Übertragung infektiöser Tröpfchen in diesen Situationen sehr unwahrscheinlich erscheint.
- Abstand halten bei Gesprächen schützt vor direkten Erregerkontakten und macht das Tragen von Masken überflüssig.
Ansichten zur Meinungsfreiheit:
Auch die Experten und die Ärzteschaft sind hier keineswegs einmütiger Meinung:
Erschreckend ist allerdings, dass offenbar alle abtrünnigen Meinungen durch massiven Druck wieder “korrigiert” werden müssen, wie der Fall der Ärztekammerpräsidenten Klaus Reinhardt zeigt.
Deutschland war einmal ein Land, in der Meinungsfreiheit herrschte.