Omikron | Wie gefährlich ist die Omikron-Variante?
Fakten-Check| Wie gefährlich ist die Omikron Variante?
[Dr. Karsten Karad, Stand: 12.01.22]
Wir stehen – trotz Booster-Impfkampagne, AHA-Maßnahmen etc – am Beginn der Omikron-Welle. Die Inzidenzzahlen steigen jeden Tag exponentiell. Müssen wir Angst haben?
Aktuelle Situation
Immer mehr bestätigt sich, dass es bei Omikron bei milden Verläufen bleiben wird, und dabei ist es gleich, ob geimpft oder ungeimpft (siehe Beitrag: Aktuelles)
Gute Nachrichten!
Omikron greift die Lunge deutlich weniger an als die vorherigen Varianten: Hier ein Auszug aus einem Beitrag von Spektrum.de und ein weiterer Artikel aus dem Ärzteblatt bestätigt das, wenngleich auch eine Überlastung der Normalstationen möglich sei. Ich halte das – genau wie Herr R. Busse in dem Beitrag – für sehr unwahrscheinlich.
Hier ein Auszug
Spektrum.de vom 10.01.22
Bereits erste Daten aus Südafrika und dem Vereinigten Königreich deuteten darauf hin, dass die Omikron-Variante von Sars-CoV‑2 weniger gefährlich ist als ihr Vorläufer Delta. Jetzt bietet eine Reihe Laborstudien vorab eine verlockende Erklärung für den Unterschied. Demnach infiziert Omikron Zellen tief in der Lunge nicht so bereitwillig wie Zellen der oberen Atemwege.
Dt. Ärzteblatt vom 05.01.22
Omikron könnte Normalstationen statt Intensivstationen unter Druck setzen
Mittwoch, 5. Januar 2022
Köln – Krankenhausdaten aus Großbritannien bestärken die Annahme, dass die Omikron-Variante sich zwar schneller ausbreiten wird als Delta, jedoch mildere Krankheitsverläufe verursacht. Denn während die Hospitalisierungsrate auf der Insel steigt, stagniert die Zahl der genutzten Beatmungsplätze weitgehend. Statt der Intensivstationen könnte Omikron daher den Normalstationen zur Last fallen. Davor warnte gestern der Virologe Christian Drosten im NDR-Info-Podcast.
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Weniger kritisch ordnet der Gesundheitsökonom Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin die Situation der Kliniken in Deutschland ein: „In Deutschland haben wir durch stationäre COVID-19-Patienten eine deutlich niedrigere Belastung der stationären Kapazitäten als in anderen Ländern“, sagte er dem Deutschen Ärzteblatt auf Anfrage.
Im Zeitraum Januar bis September 2021 (Höhepunkte der zweiten und dritten Welle mit Delta) seien 33 Prozent der Betten frei gewesen, 2,9 Prozent waren mit COVID-19-Patienten belegt, auf der Intensivstation 9,5 Prozent. Die Anzahl der COVID-19-Patienten überstieg diejenigen mit Schlaganfall um zehn Prozent und diejenigen mit Herzinfarkt um 50 Prozent.
Krankenhäuser: Bettenauslastung auf Rekordtief
Die Auswertung der Krankenhausdaten bis Juni 2021 zeigt: Die Fallzahlen sind in diesem Jahr weiter zurückgegangen und damit auch die Auslastung der Betten. Während akute Anlässe in etwa konstant blieben, sanken vor allem Fälle, die auch ambulant behandelt werden können. Seit dem vergangenen Jahr sind die deutschen Krankenhäuser dazu verpflichtet, ihre Daten auch unterjährig an das Institut für das
„Rein bettenmäßig könnten sich die stationären COVID-19-Fallzahlen also verzehnfachen“, rechnete Busse vor, räumt aber ein – das berücksichtige noch nicht das Personal, was fehlen könnte.
Die Lage in Südafrika
Wie sieht die Lage in Südafrika aus, wo Omikron ja seinen Ursprung hatte? Erneuter Lockdown? Überlastete Kliniken?
Merkwürdigerweise läuft das Leben dort recht normal ab. Hier der Bericht der WHO:
Hier ein Auszug (Übersetzung)
Südafrika versteht Hysterie nicht [19.12.2021]
(Übersetzung: www.deepl.com)
„Omikron“, auch bekannt als B.1.1.529, kam Mitte November in die Schlagzeilen, kurz nachdem die Variante in Südafrika sequenziert und der WHO gemeldet wurde. Diese stufte die Mutante als „besorgniserregend“ ein, was auch für die Mutanten Alpha, Beta und Delta gilt. Die Südafrikanische Ärztekammer stellte unmittelbar nach Auffinden der Variante klar: sie rufe nur milde Erkrankungen mit Schnupfen-Symptomen hervor. Unterschiede nach “Impfstatus” gibt es vorerst nicht: Sowohl bei Empfängern als auch Vermeidern der Seren gab es weltweit fast ausschließlich milde Verläufe.
Kammer-Chefin Dr. Angelique Coetzee erklärte zur Situation in ihrem Land: Es gebe weder einen Omikron-Fall in Südafrika, der eine Hospitalisierung erforderlich machte noch eine schwere Erkrankung zur Folge hatte. Sie hat deshalb auch wenig Verständnis für die hysterischen Reaktion diverser Länder inklusive der EU, die über Südafrika Flug-Blockaden verhängten. In Südafrika erhielten nur 25 Prozent der Menschen eine “Impfung”. Die meisten zählen zur Kategorie der „Genesenen“, haben also bereits weitreichende natürliche Immunität.”
Nun ja, Afrika ist weit weg. Hier in Europa ist alles anders?
Schauen wir nach England:
Omikron in Großbritannien
In den Bayrischen Rundfunk-Nachrichten (Text online abrufbar) gibt es folgende Meldung (18.12.21)
[Auszug: Bayrischer Rundfunk, 18.12.21 https://www.br.de/nachrichten]
In Großbritannien wurden zuletzt binnen eines Tages mehr als 93.000 Neuinfektionen registriert – eine deutliche Zunahme und der Höchstwert seit Beginn der Pandemie. Bis zum Jahresende sollen nun möglichst viele Briten geboostert werden, es gibt den Aufruf zum Homeoffice. Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) übertrifft die Entwicklung in Großbritannien alles, was in der Pandemie bisher beobachtet worden ist.
Drosten warnt vor Ausfällen bei Klinik-Personal
Der Leiter der Virologie an der Berliner Charité, Christian Drosten, warnte angesichts der ansteckenden Omikron-Variante vor Ausfällen in Krankenhäusern und verwies ebenfalls auf Großbritannien. “So geht es los. Omikron wird zu massiven krankheitsbedingten Arbeitsausfällen führen. Auch in essentiellen Berufsgruppen”, so Drosten auf Twitter und verwies auf einen Artikel der britischen Zeitung “The Guardian”.
Erstaunlich ist, dass, obwohl doch in England sehr frühzeitig und viel geimpft wurde, und obwohl sogar jetzt die Booster-Impfkampagne wesentlich weiter ist als bei uns, die Impfungen offenbar keinen Erfolg brachte. Die vierte Welle rollt ungehemmt durchs Land.
Recherchieren wir im Dashboard Corona GB, so sieht die Lage aber zum Glück gar nicht so dramatisch aus, sondern entspricht eher dem Verlauf in Südafrika: hohe Inzidenzen, aber milde Verläufe:
Hier die Inzidenz-Zahlen der letzten drei Monate

Tatsächlich sind die Inzidenzen stark gestiegen, scheinen aber in den letzten Tagen – übrigens wie in Deutschland auch – wieder rückläufig zu sein. Interessanter ist aber der Blick auf die Krankenhausbelegung:

Die ist nämlich nur unwesentlich angestiegen. Ja, auch in London und GB insgesamt gibt es einen Notstand! Der ist aber eher den Ausfällen durch Quarantäne-Maßnahmen geschuldet als echten Krankheitsfällen.
Ist Omikron besonders für Kinder gefährlich?
Am 08.12.2021 sagte Gesundheitsminister Lauterbach im ZDF Heute-Journal:
Wir müssen davon ausgehen, dass gerade die Omikron Variante für Kinder besonders bedrohlich ist. Das ist leider so, dass die Omikron-Variante sich nicht nur schneller verbreitet, sondern leider auch Kinder stärker befällt und somit auch zu mehr Krankenhauseinweisungen führen wird.
Eine Recherche der Berliner Zeitung ergibt: Das ist falsch!
Lauterbach bezieht sich offenbar auf eine Studie aus Südafrika und deren Rezeption in indischen Medien. Laut dem Virologen Klaus Stöhr, mit dem die Berliner Zeitung zu diesem Thema sprach, wurde die Studie am 5. Dezember vorab publiziert und danach Auszüge auch bei einer Tagung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 7. Dezember präsentiert aus Südafrika und deren Rezeption in indischen Medien. Laut dem Virologen Klaus Stöhr, mit dem die Berliner Zeitung zu diesem Thema sprach, wurde die Studie am 5. Dezember vorab publiziert und danach Auszüge auch bei einer Tagung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 7. Dezember präsentiert (siehe oben: WHO | Afrika). Die sehr limitierten Daten aus der Studie würden darauf hindeuten, dass der Krankheitsverlauf wohl milder sein könnte. Das wird geschlussfolgert, weil sehr viele Patienten, auch viele Kinder und Jugendliche, erst im Krankenhaus bei der Aufnahme positiv auf Corona getestet wurden aber eigentlich wegen anderer Gründe eingeliefert wurden. Der Anteil der asymptomatischen und milden Erkrankungen sei deshalb offensichtlich nach ersten Beobachtungen viel höher als bei den früheren Wellen. Der Befund „Corona“ sei also ein Nebenbefund gewesen. Die Darstellung, Kinder seien stärker von Omikron betroffen, gehe an der Datenlage vorbei.
Fazit: Die Aussage des Gesundheitsministers, Omikron sei für Kinder besonders bedrohlich, ist vor dem Hintergrund der heute bekannten Fakten falsch.
Bietet Omikron vielleicht sogar eine Chance?
Dies meint jedenfalls der russische Virologe, Professor Anatoly Altshtein:
Omikron-Mutante könnte Pandemie beenden:
Der russische Virologe, Professor Anatoly Altshtein, hält es für möglich, dass die neue Mutante des Corona-Virus, „Omikron“, die Pandemie beenden könnte. Omikron“ habe nämlich über 30 Mutationen in einem einzigen Gen seines Spike-Proteins, was zu viel sei. So etwas mache ein Virus üblicherweise weniger pathogen (= krankheitsverursachend). Er untermauert damit, was man in Japan vermutet: dort hat sich die Delta-Variante wahrscheinlich „in die eigene Auslöschung mutiert“, es gibt sie nicht mehr.
Zusammenfassung:
Die Omikron-Corona-Mutation ist deutlich ansteckender als die vorherigen Varianten. Sie führt trotz Impfungen (oder gerade wegen der Impfungen?: siehe Beitrag: ADE | Antibody dependent Enhancement) zu wesentlich höheren Inzidenzraten (= positive Tests).
Die Krankheitsverläufe mit der neuen Corona-Variante sind allerdings in aller Regel deutlich milder. In Südafrika (Ursprung der Omikron-Variante) und in Großbritannien hat man bislang trotz des exzessivem Anstieg der Corona-Inzidenz keine Überlastung der Krankenhäuser gesehen. Außerdem scheint die „4. Welle“ bereits – auch ohne neuerliche Booster-Impf-Kampagne – bereits wieder deutlich abzuklingen!
Müssen wir mit einer Überlastung des Gesundheitssystems rechnen?
Dies können wir tatsächlich nicht ausschließen, nicht wegen schwerer Krankheitsfälle, sondern weil das Personal fehlt. Da die Impfung nicht schützt, wird es auch beim Klinikpersonal (und wohl auch im ambulanten Bereich) durch höhere Inzidenzraten zu vermehrten Quarantäne-Fällen kommen. Dies wiederum wird die Personalnot verstärken.
Andererseits liegt sogar eine Chance in der insbesondere für Jüngere harmlosen Omikron-Variante: Jetzt kann tatsächlich eine Herdenimmunität erreicht werden!